Polizeikosten bei Fußballspielen – Da haben wir nochmal Glück gehabt?!
Gegen Hannover 96 und Borussia Dortmund hatte unser SV Werder Bremen „noch einmal Glück“. Da die Partien nicht als Hochrisikospiele eingestuft wurden, musste der Verein nicht für die anfallenden Polizeikosten aufkommen. Noch nicht!
So dürfte es leider nur eine Frage der Zeit sein, bis der Verein zur Kasse gebeten wird. Zur Sache: Ein derartiger Polizeieinsatz bei einem Hochrisikospiel würde etwa 310.000€ bis 360.000€ an Kosten verursachen. Dem gegenüber stehen Kosten bei sogenannten „Grünspielen“ in Höhe von 55.000€ bis 63.000€.
Mit einer merkwürdigen Begründung in dem Bericht zum „Beschluss der Bremischen Bürgerschaft zur Finanzierung von Polizeieinsätzen bei gewinnorientierten Großveranstaltungen“ vom 22. Juli 2014 will die Stadt Bremen sich zukünftig die Differenz dieser Kosten „zurück holen“ und der DFL in Rechnung stellen und nicht dem eigentlichen Veranstalter, dem SV Werder Bremen GmbH & Co KGaA. Die DFL weigert sich allerdings dafür aufzukommen. Damit zieht sie sich aus jeglicher Verantwortung gegenüber unserem Verein und lässt ihn bewusst im Regen stehen. Die Rechnungen wird die DFL juristisch anfechten und, wenn diese tatsächlich bezahlt werden müssten, an den SV Werder weiterreichen. Letztendlich muss also doch unser Verein für die Rechnungen aufkommen, obwohl die Bremer Politik mit einer Ausarbeitung für sich herausgefunden haben wollte, wie man das Geld von der DFL eintreiben kann. Geld, das unser Verein allerdings, insbesondere in der derzeit prekären Lage, dringend gebrauchen könnte. Da eine juristisch nicht einwandfreie Situation geschaffen wurde, könnte sich der finanzielle Schaden deutlich stärker auswirken, da die DFL aufgrund des Rechtsstreites Risikorücklagen bilden muss. Gelder, die dem Verein von der DFL zustehen, können daher nicht in voller Höhe ausbezahlt werden. Diese Rücklagen muss die DFL bilden, um bei einem Verlust des Prozesses die möglicherweise anfallenden Prozesskosten sowie die bereits rückwirkend zu tätigenden Polizeikosten zu bezahlen. Nach den Worten von Klaus Filbry könnte dies bis zur endgültigen Klärung eine Summe zwischen drei und vier Millionen Euro darstellen! Wenn man bedenkt, dass unser Verein bereits die Deckungslücken bei der mit der Stadt Bremen gemeinsam geführten Betreibergesellschaft des Weserstadions alleine ausgleicht und seit einigen Jahren jährlich bis zu 700.000€ an Darlehen an diese gemeinsame Gesellschaft überwiesen hat (siehe Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 1.7.2012-30.6.2014 SV Werder Bremen GmbH & Co KGaA), ohne dass die Stadt auch nur einen Penny hinzuzahlen musste, dann ist das jetzige Vorgehen und die damit verbundene finanzielle Schwächung unseres Vereins für uns nur noch mit einem Kopfschütteln zu bewerten!
Von Anfang an war die Bremer Idee ein Alleingang unter den Innenministern der Bundesländer. Innensenator Mäurer setzte dieses Vorgehen im Bremer Senat durch. Im Beschluss wurde festgelegt, dass nur „gewinnorientierte Großveranstaltungen“ davon betroffen sind. Diese Idee wirkte fast schon wie eine Art Reflex auf die immer wiederkehrenden Berichte von Fußballgewalt in den Medien und die dadurch entstehenden Kosten. Denn auch bei anderen Großveranstaltungen wie dem Freimarkt oder dem swb Marathon (Polizeikosten 68.000 €), der Badeinselregatta (Polizeikosten 20.000 €) oder der Bremer Fight Night (Polizeikosten 95.000 € und damit fast doppelt so hoch wie ein „Grünspiel“ von Werder Bremen mit über 40.000 Zuschauern) werden in dem oben genannten Bericht des Senats zwar aufgeführt, eine Umwälzung dieser Polizeikosten auf die Veranstalter stand aber anscheinend weder in der Politik noch in den Medien zur Debatte. In diesem Kontext verstärkt sich bei uns der Anschein, dass Bremen nur nicht für die hohen Polizeikosten bei Spielen des SV Werder (in der letzten Saison ca. 1,4 Mio €) aufkommen möchte, was mit der schlechten Haushaltslage begründet wurde. Aufgrund des hohen Schuldenstandes könne man nicht weiter für diese immense Summe aufkommen. Björn Tschöpe, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bremer Bürgerschaft, erklärte, dass derjenige, der den wirtschaftlichen Nutzen aus einer Veranstaltung hat, auch für die entstehenden Kosten aufkommen muss. Es scheint also, als würde unter den Bremer Politikern die Ansicht vertreten, dass nur der SV Werder und die DFL einen Gewinn aus einem Fußballspiel haben. Dieser Gedanke ist jedoch bei weitem nicht zu Ende gedacht und außerdem recht naiv. Zwar haben die beiden genannten auch einen Nutzen, die Hansestadt Bremen jedoch ebenso. Ist eine schwarze Zahl durch hartes Wirtschaften bei einem Verein wie Werder Bremen nicht in jedem Fall zu erzielen, hat die Stadt Bremen aber in jedem Fall einen nicht unerheblichen finanziellen Vorteil durch die Fans. Werder Bremen ist eine der wohl wichtigsten „Marken“ für die Stadt. Nach den Bremer Stadtmusikanten und dem Weltkulturerbe Bremer Rathaus nebst Bremer Roland ist der SVW die wohl wichtigste Werbefigur im In- und Ausland für unser kleines Bundesland. Die Bremer Touristik Zentrale wirbt auf ihrer Webseite sehr gerne mit dem SV Werder Bremen und dem Bremer Weserstadion. Klaus-Dieter Fischer bezifferte den Werbewert des Klubs für die Stadt auf 45 bis 90 Millionen Euro. Neben diesem indirekten Gewinn muss jedoch nicht nur die Werbekraft berücksichtigt werden. Werder Bremen ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Stadt Bremen geworden. Viele Unternehmen (auch städtische) und Selbstständige profitieren bei jedem Heimspiel mit. Ohne unseren Verein würde beispielsweise die BSAG, deren Anteile mit derzeit 99,03% die Stadt Bremen über die 100-prozentige Tochtergesellschaft BVGmbH hält (vgl. Geschäftsbericht BSAG 2013), pro Saison einen Einnahmeverlust von knapp 630.000 € erleiden. Das Hotel- und Gastronomiegewerbe sowie der Einzelhandel machen beispielsweise höhere Umsätze, wenn mehrere zehntausend Menschen teilweise von weit her anreisen, um das Spiel zu besuchen. Fachleute beziffern die Steuermehreinnahmen durch diese auswärtigen Fans auf bis zu 5 Mio. € pro Jahr, alleine das Taxigewerbe verzeichnet an Tagen mit einer Spielpartie von Werder Bremen bis zu 300 Fahrten mehr als an vergleichbaren Tagen. Gerade weit her angereiste Fans bleiben bekanntlich teilweise noch einen Tag länger in Bremen, wodurch auch viele andere ihren Gewinn daraus ziehen. Noch nicht einberechnet wären niedrigere Steuereinnahmen durch wegbrechende Umsätze des Vereins. Sprich: Die Stadt Bremen profitiert sowohl finanziell als auch an Ansehen in hohem Ausmaße durch den SVW. Dem Verein die Kosten aufzubürden, kommt dabei einem Wettbewerbsnachteil gleich. Denn der SV Werder wäre dann Stand jetzt der einzige Profiverein, der für diese Polizeieinsätze aufkommen muss. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Verein finanziell sowieso schon Probleme hat, ein weiterer Nackenschlag.
Zusammengefasst fragt man sich: wer hat nun eigentlich wo einen geldwerten Vorteil? Der SV Werder eigentlich nur auf dem Stadiongelände. Bei Polizeieinsätzen außerhalb des Geländes profitiert die Hansestadt. Das ist so, weil durch den Polizeieinsatz erst die Grundlage für die Austragung eines Spiels gelegt wird. Trägt der Verein durch einen privaten „Sicherheitsdienst“ noch selbst zur Sicherheitslage im Stadion bei und zahlt dafür eine hohe Summe, so ist die Polizei in erster Linie rund ums Stadion und darüber hinaus tätig. Dies ist dabei auch eine gänzlich normale Situation, welche ähnlich wie auf Jahrmärkten notwendig ist, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Dabei jedoch hat die Stadt wiederum den oben beschriebenen sehr hohen Mehrwert durch die Anwesenheit der Fans, welche sich nun mal bekanntlich weder außerhalb des Stadiontors in Luft auflösen, noch ausschließlich im Stadion ihr sauer erspartes Geld lassen.
Die DFL und der SVW leiteten nun juristische Schritte dagegen ein, da man davon ausgeht, dass es verfassungsrechtlich nicht möglich ist. So sei die Polizei für die öffentliche Ordnung zuständig und leitet selbstständig die Höhe des Polizeieinsatzes ein. Man könnte die Anzahl der Polizisten bei vielen Fußballspielen auch reduzieren, wie selbst Vereinsoffizielle argumentieren (siehe Pilotprojekt NRW).
Der juristische Streit jedenfalls dürfte sich lange hinziehen, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht. Ein Ende ist also vorerst nicht absehbar und umso länger es dauert, desto höher werden die Kosten, die allein durch den juristischen Prozess schon auf den SV Werder zukommen dürften, sollte man verlieren. Gerade an diesem Punkt könnte man sehr leicht Kosten einsparen, indem man die Lage realistischer einschätzen würde.
Die Stadt Bremen wiederum argumentiert, dass gemäß des Bremischen Gebühren- und Kostengesetzes derjenige, der den geldwerten Vorteil eines Polizeieinsatzes hat, auch für die Kosten aufkommen muss, ohne dabei aber zukünftig beim Bremer Freimarkt, dem swb Marathon, der Skater Night, Fight Night oder der beliebten Badeinselregatta eine Rechnung aussenden zu wollen.
Wir, vom Fanbündnis Bremen beziehen nicht nur deshalb klar Position gegen den Beschluss des Bremer Senats. Neben der aus unserer Sicht lediglich populistischen Maßnahme des Senats und den Folgen für unseren geliebten Verein, stehen nämlich durchaus auch andere, uns Fans direkt betreffende Faktoren, auf dem Plan, welche weitestgehend unbeachtet von der großen Öffentlichkeit die ganze Sache erst so richtig ins negative Licht rücken lässt. So wurden aktuell zwei Testspiele angesetzt, welche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. Dabei scheinen die Kosten eines Polizeieinsatzes gegen das Interesse der Fans gestellt zu werden. Das verdeutlicht zumindest der Zustand, dass andere beworbene Testspiele, welche mit einem lukrativen Umsatz einhergehen, trotz weitaus größeren Sicherheitsbedenken ohne Probleme stattfinden dürfen. Auch „entwickelt“ sich die Schreibweise der Boulevardpresse daraufhin in eine Richtung, die so auch wenig akzeptabel daherkommt. So sind natürlich immer die gleichen an allem Schuld. Alleine der Ausdruck des „noch einmal Glück gehabt“ in Bezug auf das „Weihnachtsgeschenk“, wie im Fall des Spiels gegen Dortmund, ist eine sehr bedenkliche, wenn auch nicht unerwartete „Entwicklung“ in der öffentlichen Meinungsmache.
Alle für uns ersichtlichen Argumente sind extrem zu kurz gedacht und im Sinne unseres Sportvereins und seiner Fans so nicht hinnehmbar. Daher stellen wir uns als Fanbündnis Bremen klar gegen die Pläne des Senats und raten Herrn Mäurer und allen anderen „Experten“ die Probleme mit menschlichen Mitteln anzugehen anstatt die politische und juristische Keule zu schwingen.
Fanbündnis Bremen